Aktuelle Fragen des tschechischen Schiedsverfahrens

Quo vadis, Schiedsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik?

Der Ruf der Schiedsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik ist schlecht. Darin spiegeln sich die allgemein gültigen Befürchtungen vor Korruption und Inkompetenz der Schiedsrichter sowie der üble Nachgeschmack im Zusammenhang mit mehr oder weniger bekannten Skandalen wider. Trotzdem sollten wir über der Schiedsgerichtsbarkeit nicht „den Stab brechen". Als positive Nachricht kann zweifellos die sukzessive Erweiterung der Befugnisse des Schiedsgerichts bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik (Schiedsgericht) für die Entscheidung über die Streitigkeiten wegen Domänenamen wahrgenommen werden. Diese verbessern die internationale Reputation dieses Schiedsgerichtes. Womit könnte die Schiedsgerichtsbarkeit daher künftig Unternehmer ansprechen?

Lösung von Domain-Streitigkeiten

Gerade im Domainrecht ist das Schiedsverfahren ein wichtiger Bestandteil. Die Befugnis des Schiedsgerichts in Prag zur Entscheidung über Streitigkeiten über Domänenamen begann 2004 mit der Domäne „.cz". Am 12. April 2005 wurde das Schiedsgericht von EURid, der NIC für die „.eu"-Domänen, ausgewählt, ein alternatives Streitbeilegungsverfahren (sog. ADR-Verfahren) für Streitigkeiten für .eu-Domainnamen einzurichten. Das Schiedsgericht führt diese ADR-Verfahren gemäß den (ergänzenden) ADR-Regeln und im Einklang mit den Allgemeinen Regeln für .eu-Domainnamen der Europäischen Kommission durch. Seit 2009 bietet es für andere weit verbreitete Domänenamen , darunter„.com", „.net", „.org" die alternative Streitbeilegung (ADR) an.

Zweifel daran, ob das Schiedsgericht befugt ist, Streitigkeiten hinsichtlich der Domäne .cz zu entscheiden, hat das Obergericht Prag in seiner aktueller Entscheidung vom 27.04.2011 widergelegt, indem es im Gegensatz zum Erstgericht festgestellt hat, dass die Form des Abschlusses der Schiedsklausel bei der Registrierung der Domäne für den Verband CZ.NIC als Verwalter der nationalen Domäne .cz wirksam ist und das Schiedsgericht befugt ist, die Streitigkeiten wegen Domänenamen zu entscheiden.

Die Anwendbarkeit der ADR-Regeln für die .eu Streitigkeiten sind erstmals in der „Reifen-Entscheidung" des EuGH C-569/08 zur Entscheidung Nr. 910 des Schiedsgerichts über die Domäne „reifen.eu" überprüft und bestätigt worden. Der österreichische Inhaber der schwedischen Marke „&R&E&I&F&E&N&" hatte im Zuge seiner bevorrechtigten Registrierung die generische Domäne reifen.eu erlangt. Der Inhaber einer belgischen Marke mit dem Zeichen „Reifen" verlangte die Übertragung und reichte eine Schiedsklage in Prag ein. Das Schiedsgericht ordnete in dem Schiedsspruch Nr. 910 den Transfer an. Das Österreichische Unternehmen akzeptierte die Entscheidung nicht und rief die staatlichen Gerichte in Österreich an. Der Österreichische Gerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage vor. Darin bestätige der EuGH implizit auch die Zulässigkeit der EuRid-Registrierungsbestimmung für den Domänenanmelder sowie die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für ADR.eu und die Anwendbarkeit der ADR-Regeln.

Ende der privaten Schiedsgerichte?

Eine Unsicherheit bei schiedsgerichtlichen Befunden der privaten Schiedsgerichte (siehe Plus Dezember 2010) besteht auch weiterhin, obwohl die Schlussfolgerung hinsichtlich der Unwirksamkeit der Schiedsklauseln, die zu Gunsten der privaten Schiedsgerichte angenommen wurden, nach der Abgabe des vereinheitlichenden Standpunkts des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik vom 11. Mai 2011 bereits völlig eindeutig ist.

Für den Fall der Entdeckung solcher Schiedsklausel empfehlen wir, kein Schiedsverfahren zu eröffnen und die jeweiligen Rechte direkt beim zuständigen allgemeinen Gericht geltend zu machen. Im Rahmen eines bereits eröffneten Schiedsverfahrens kann die mangelnde Befugnis des privaten Schiedsgerichts zur Entscheidung eventueller Streitigkeiten aufgrund der unwirksamen Schiedsklausel eingewendet werden. Nach der Zustellung eines schiedsgerichtlichen Befunds ist es erforderlich, innerhalb einer Frist von 3 Monaten beim Gericht eine Klage wegen Aufhebung des schiedsgerichtlichen Befunds mit dem Antrag auf den Aufschub der Vollstreckbarkeit zu erheben. Denn die Klageerhebung selbst hat keine aufschiebende Wirkung auf die Vollstreckbarkeit des schiedsgerichtlichen Befunds. Sollte die Vollstreckung des schiedsgerichtlichen Befunds bereits zustande gekommen sein, so ist es möglich, eine Berufung gegen den Beschluss über die Anordnung der Vollstreckung der Entscheidung einzulegen und gleichzeitig einen Antrag auf die Einstellung der Vollstreckung der Entscheidung und auf Aufschub der Vollstreckung der Entscheidung zu stellen.

Die Tätigkeit der privaten Schiedsgerichte endet wegen der unwirksamen Schiedsklauseln nicht, da sie ihre Tätigkeit und Schiedsklauseln insoweit anpassen werden, dass sie mit der aktuellen Rechtsprechung übereinstimmen. Die Novelle des Gesetzes über Schiedsverfahren verbietet ihnen allerdings die Verwendung der Bezeichnung „Schiedsgericht" und in den Konsumentenschutzstreitigkeiten regelt sie ihre Entscheidung ausführlich. Die Vorbeugung der nicht standardmäßigen Befunde kann in der Wahl eines eingeführten Schiedsgerichts oder eines vertrauenswürdigen Schiedsrichters bestehen. Ein Schiedsverfahren beruht nämlich auf dem Vertrauen in die Schiedsrichter und ihrer Fähigkeit, den Fall richtig zu entscheiden.

Konsumentenschutz im Schiedsrecht

Das Ziel der Gesetzesnovelle über Schiedsverfahren, die voraussichtlich anfangs 2011 in Kraft treten soll, besteht insbesondere darin, einen Missbrauchs des Schiedsverfahrens in Konsumentenschutzstreitigkeiten zu verhindern. Was sind die wichtigsten Änderungen?

Die Schiedsklausel muss auf einer gesonderten Urkunde unterzeichnet werden und wenn sie nicht das Schiedsgericht oder ein anderes durch das Gericht errichtete Schiedsgericht ermächtigt, dann muss sie die im Gesetz aufgelisteten Erfordernisse beinhalten. Der Verbraucher muss dann mit genügendem Zeitvorlauf davon belehrt werden, was für ihn die Unterschrift der Schiedsklausel bedeutet. Als Schiedsrichter in Konsumentenschutzstreitigkeiten kann nur eine unbescholtene Person mit Hochschulausbildung im Fach Jura ernannt werden und der Schiedsrichter ist verpflichtet, auf die Vorschriften zum Konsumentenschutz Rücksicht zu nehmen und er darf den Streit nicht mehr nur aufgrund des Grundsatzes der Gerechtigkeit entscheiden. Die grundsätzliche Änderung stellt dann auch die Möglichkeit der Überprüfung des schiedsgerichtlichen Befunds in einem Konsumentenschutzstreit auch aus sachlichen Gründen dar, nicht nur aus prozessrechtlichen, wie heute der Fall ist. Das Gericht hat außerdem auch ohne Antrag zu überprüfen, ob es keine Gründe für den Aufschub der Vollstreckbarkeit des schiedsgerichtlichen Befunds gibt und ob der schiedsgerichtliche Befund aus den gesetzlich festgesetzten Gründen nicht aufgehoben werden kann. Dabei wird beabsichtigt, ausreichenden rechtlichen Konsumentenschutz zu gewähren, der nach den europäischen Rechtsvorschriften zuerkannt wird. Der Konsumentenschutz hat aber keine Wirkung, wenn ein Konsument ein .eu, .com oder andere internationale Domäne bei einem Internetdienstleister in der Tschechischen Republik registriert, da er sich den Schiedsordnungen auf europäischer oder internationaler Rechtsgrundlage unmittelbar unterwirft.

Die Unternehmer sollen aufgrund dieser Änderungen erwägen, ob sich ihnen die Wahl des Schiedsverfahrens tatsächlich lohnt. Der schiedsgerichtliche Befund kann nämlich aus rechtlicher Sicht vom Gericht überprüft werden und aus dem Schiedsverfahren kann dann ein „vorläufiges" Verfahren werden, das vor dem eigenen Gerichtsverfahren verlaufen wird. Dadurch kann es zur Verzögerung des Verfahrens kommen. Hoffentlich tritt ein solcher Zustand nicht ein, weil es dies dem eigentlichen Sinn eines Schiedsverfahrens widerspräche und hoffentlich bleiben Schiedsverfahren auch weiterhin eine Alternative zu langwierigen Gerichtsverfahren.

 

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JUDr. Mojmír Ježek, Ph.D.

Managing Partner

ECOVIS ježek, advokátní kancelář s.r.o.

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