Forderungensanmeldung ins tschechische Insolvenzverfahren und das tschechische Insolvenzverfahren

1. GESETZLICHER RAHMEN DES TSCHECHISCHEN INSOLVENZRECHTS

1.1 Das tschechische Insolvenzrecht wird durch das Gesetz Nr. 182/2006 Slg., Insolvenzgesetz (nachfolgend „Insolvenzgesetz") geregelt. Das Insolvenzgesetz kennt drei Hauptmethoden der Lösung der Insolvenz eines tschechischen Schuldners: (i) Konkursverfahren, (ii) Reorganisationsverfahren und (iii) Entschuldungsverfahren einer Privatperson. Das tschechische Insolvenzgesetz sieht die Entschuldung nur bei Privatpersonen vor. Das Reorganisationsverfahren wird nur auf Unternehmen mit mindestens 100 Angestellten oder einem Umsatz von über 100 Mio. CZK. Aus diesen Gründen beschränkt sich diese Information nur auf die Befriedigung der deutschen oder österreichischen Gläubiger aus dem tschechischen Konkursverfahren.

1.2 Nach dem tschechischen Insolvenzgesetz liegt ein Insolvenzgrund vor, wenn ein Vermögensverfall entweder schon eingetreten ist, oder auch nur droht. Der Vermögensverfall ist bereits eingetreten, wenn der Schuldner einen von zwei Insolvenztests erfüllt:

Bilanz-Test
Der tschechische Schuldner ist insolvent, wenn:
(i) er mindestens zwei Gläubiger hat; und
(ii) die Summe der Verpflichtungen den Wert des Schuldnervermögens übersteigt.

Liquiditätstest
Der tschechische Schuldner ist insolvent, wenn:
(i) er mindestens zwei Gläubiger hat; und
(ii) er finanzielle Verpflichtungen hat, wobei die Fälligkeitsfrist mehr als 30 Tage überschritten ist; und
(iii) er nicht fähig ist diese Verpflichtungen zu erfüllen, wobei „nicht fähig" bedeutet, dass der Schuldner entweder das Bezahlen eines wesentlichen Teils seiner finanziellen Verpflichtungen eingestellt hat, oder er seine finanziellen Verpflichtungen länger als 3 Monate nach Ablauf der Fälligkeitsfrist nicht erfüllt, oder die Befriedigung des Gläubigers durch Exekution oder Gerichtsvollstreckung der Forderungen unmöglich ist.

1.3 Ein drohender Vermögensverfall liegt vor, wenn „unter Beachtung aller Umstände begründetermaßen davon ausgegangen werden kann, dass der Schuldner nicht in der Lage sein wird, ordentlich und rechtzeitig einen Großteil seiner finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen."

1.4 Das tschechische Insolvenzverfahren wird durch den Insolvenzantrag des Gläubigers oder des Schuldners selbst eröffnet. Der Schuldner ist berechtigt, den Insolvenzantrag auch bei einem drohenden Vermögensverfall zu stellen. Nach Eingang des Antrages beim zuständigen Gericht wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Das tschechische Insolvenzgericht muss den Antrag innerhalb von zwei Stunden nach dessen Erhalt im Insolvenzregister veröffentlichen. Das tschechische Insolvenzgericht kann den Antragsteller zur Begleichung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von bis zu 50 000,- CZK auffordern.

1.5 Das tschechische Insolvenzregister, das vom Tschechischen Justizministerium verwaltet wird, beinhaltet alle Informationen von tschechischen juristischen und natürlichen Personen, über deren Vermögen Insolvenzantrag gestellt wurde oder die sich im Insolvenzverfahren befinden.

1.6 Die im Insolvenzregister veröffentlichten Informationen sind von grundsätzlicher Bedeutung. Der Gläubiger muss nämlich seine Forderung innerhalb der in der Entscheidung über die Insolvenz des Schuldners festgesetzten Frist für die Anmeldung der Forderungen auf einem Sonderformular anmelden, ansonsten verliert er seine Forderung faktisch und diese wird im Insolvenzverfahren nicht mehr befriedigt. Diese Frist ist dabei relativ kurz, von 30 Tagen bis zu zwei Monaten. Wenn der Gläubiger über das tschechische Insolvenzverfahren keine Kenntnis erlangt, kann er innerhalb von wenigen Tagen erhebliche Beträge verlieren.

1.7 Die Information über die Eröffnung des tschechische Insolvenzverfahrens hat in der Regel auch Einfluss auf den weiteren Geschäftsverkehr mit tschechischen Firmen und Personen. Ohne diese Information können weitere Geschäftsbeziehungen mit einem potentiell vertrauensunwürdigen tschechischen Partner nicht richtig bewertet werden. In diesem Zusammenhang können wir unseren österreichischen und deutschen Mandanten eine automatische Überwachung des tschechischen Insolvenzregisters und die Verfolgung des Zustands Ihrer Geschäftspartner anbieten. Die Informationen im tschechischen Insolvenzregister werden regelmäßig aktualisiert.

2. INSOLVENZGLÄUBIGER

2.1 Das tschechische Insolvenzrecht teilt die Gläubiger in vier Gruppen ein:
- gesicherte Gläubiger;
- Massegläubiger;
- den Massegläubigern gleichgestellte Gläubiger;
- übrige Gläubiger,
wobei die Position des gesicherten Gläubigers, Massegläubigers und des übrigen Gläubigers von wichtiger Bedeutung ist.

2.2 Gesicherte Gläubiger

Ein gesicherter Gläubiger ist ein Gläubiger, dessen Forderung durch das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen gesichert ist. Diese Sicherung kann durch ein Pfandrecht, Zurückbehaltungsrecht, sichernde Rechtsübertragung, oder ein ähnliches ausländisches Recht dargestellt sein. Sofern die Sicherung nicht zur Insolvenzmasse gehört, muss der Gläubiger seine Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend machen. Die Forderung kann allerdings als eine bedingte Forderung angemeldet werden für den Fall, dass sie nicht vollständig durch den Erlös der Sicherung befriedigt wird. Dritte, von denen Befriedigung verlangt wird, können ihre eigenen Regressforderungen gegen den Schuldner als bedingte Forderung im Insolvenzverfahren anmelden. Im Unterschied zu dem alten Konkursgesetz darf der Insolvenzverwalter die Sicherung einer solchen, vom Gläubiger bereits angemeldeten Forderung nicht zu Gunsten der Insolvenzmasse in Anspruch nehmen.

Der gesicherte Gläubiger wird vom Erlös der Veräußerung des gesicherten Vermögens befriedigt. Vom Erlös werden nur die Verwahrungskosten (einschließlich Veräußerungskosten bis zu maximal 9 % des Erlöses und Entlohnung des Insolvenzverwalters) abgezogen; der Rest des Erlöses (100%) dient der Befriedigung der gesicherten Gläubiger. Bei der Rangfolge der Befriedigung der gesicherten Gläubiger aus der Verwertung der Sache, der Forderung oder des Vermögenswerts, durch die die Forderung gesichert wurde, ist der Zeitpunkt der Entstehung des Pfandrechts bzw. der Sicherung maßgeblich (Prioritätsprinzip).

Die Forderung des gesicherten Gläubigers, die durch den Erlös nicht befriedigt wurde, wird als eine gewöhnliche Forderung der übrigen (ungesicherten) Gläubiger befriedigt. Mit Veräußerung des gesicherten Vermögens erlischt die Sicherung auch, falls er seine Forderung nicht angemeldet hat.

Weiter ist ein gesicherter Gläubiger berechtigt, dem Insolvenzverwalter Weisungen bezüglich der Verwaltung sowie Veräußerung des Objekts seiner Sicherung zu erteilen. Der Insolvenzverwalter kann von solchen Weisungen nur dann abweichen, wenn er vermeint, dass das Objekt der Sicherung auf günstigere Weise umgesetzt werden kann. Auch dazu braucht er aber erst die Zustimmung des Gerichts.

2.3 Massegläubiger

Massegläubiger sind die Gläubiger, die Inhaber einer Forderung gegen die Insolvenzmasse sind. Diese Forderungen können vor allem im Geschäftsverkehr zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter des Gläubigers im Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. nach der gerichtlichen Feststellung des Konkurses entstehen.

Massegläubiger müssen ihre Forderungen nicht förmlich im tschechischen Insolvenzverfahren anmelden, die Forderungen können vielmehr nach der gerichtlichen Feststellung des Konkurses direkt gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden und von diesem jederzeit und in voller Höhe befriedigt werden, soweit das Insolvenzrecht nicht etwas anderes bestimmt.

2.4 Massegläubigern gleichgestellte Gläubiger

Im neuen tschechischen Insolvenzrecht wurden die Forderungen, die den Masseforderungen gleichgestellt werden, wesentlich erweitert.

Den Masseforderungen gleichgestellte Forderungen sind solche, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, aber den Masseforderungen gleichgestellt werden. Insbesondere sind das fast alle arbeitsrechtlichen Ansprüche, Schadensersatzansprüche wegen Gesundheitsbeeinträchtigungen, gesetzliche Unterhaltsansprüche und Forderungen des Staates auf Ersatz von ausgezahltem Arbeitslohn.

Wie die Masseforderungen können auch gleichgestellte Forderungen nach der gerichtlichen Feststellung des Bankrotts jederzeit und in voller Höhe befriedigt werden. Eine förmliche Anmeldung dieser Forderungen ist auch hier nicht erforderlich.

3. ANMELDUNG DER FORDERUNGEN IN DAS TSCHECHISCHE INSOLVENZVERFAHREN

3.1 Alle Forderungen, auch die gesicherten, nicht fälligen oder bedingten und auch vollstreckbare Forderungen, müssen im tschechischen Insolvenzverfahren angemeldet werden, um befriedigt werden zu können. Nur Masseforderungen und solche, die den Masseforderungen gleichgestellt sind, müssen nicht angemeldet werden.

3.2 Die Forderungen, die in einem tschechischen Insolvenzverfahren nicht befriedigt werden können, sind:

(i) Zinsen, Verzugszinsen und Verzugsgebühr von den Forderungen der angemeldeten Gläubiger, die noch vor der Entscheidung über den Vermögensverfall entstanden, aber erst nach dieser Entscheidung angewachsen sind;
(ii) Zinsen, Verzugszinsen und Verzugsgebühr von den Forderungen der angemeldeten Gläubiger, die erst nach der Entscheidung über den Vermögensverfall fällig wurden;
(iii) Forderungen aus einem Schenkungsvertrag;
(iv) außervertragliche Sanktionen betreffend das Vermögen des Schuldners;
(v) Vertragsstrafe, sofern das Recht auf Geltendmachung erst nach der Entscheidung über den Vermögensverfall entstanden ist;
(vi) Verfahrenskosten der Insolvenzverfahrensbeteiligten.

3.3 Die Anmeldung einer Forderung ist zulässig ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Ablauf der Frist, die in der Entscheidung über den Vermögensverfall festgesetzt wird (diese Frist ist dabei relativ kurz und kann von 30 Tagen bis zu zwei Monaten betragen). Der Insolvenzverwalter hat alle angemeldeten Forderungen in eine Liste aufzunehmen, die mindestens drei Tage vor dem Prüfungstermin im Insolvenzregister einsehbar sein muss. Diese Liste entspricht der deutschen Insolvenztabelle.

3.4 Die Forderungsanmeldung darf ausschließlich auf dem Formblatt für eine Forderungsanmeldung erfolgen und muss mit allen Anlagen in zweifacher Ausfertigung beim zuständigen Insolvenzgericht, nicht beim Insolvenzverwalter, eingereicht werden. Der Entstehungsgrund und die Höhe der Forderung müssen angegeben werden. Die gesicherten Gläubiger haben zur Begründung ihres Anspruchs gegen die Insolvenzmasse alle Dokumente vorzulegen, aus denen sich das Sicherungsrecht ergibt und müssen angeben, ob sie das Recht auf Befriedigung ihrer Forderungen aus der Sicherung geltend machen. Ansonsten werden sie als ungesicherte Gläubiger angesehen. Gläubiger, die einen Vollstreckungstitel vorlegen, haben auszuführen, aus welchen Tatsachen sich die Vollstreckbarkeit ihrer Forderung ergibt.

3.5 Der Gläubiger kann seine Anmeldung jederzeit ohne Angabe von Gründen zurücknehmen. Der Rücknahme steht es gleich, wenn das Insolvenzgericht innerhalb des Insolvenzverfahrens feststellt, dass die Anmeldung der Forderung oder die angemeldete Forderung selbst aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden darf. Gegen diese Feststellung kann der betroffene Gläubiger Rechtsmittel in Form eines so genannten Zwischenstreits einlegen.

3.6 Bei der Forderungsanmeldung sollten die Gläubiger eine neu eingeführte Sanktion gegenüber Gläubigern beachten, die überhöhte Forderungen geltend machen oder versuchen, die Rangposition ihrer Forderungen unzulässigerweise zu verbessern. Beträgt die tatsächliche Höhe der angemeldeten Forderung weniger als 50% des angemeldeten Betrags, wird die angemeldete Forderung nicht einmal in der Höhe ihres tatsächlichen Wertes berücksichtigt. Das Insolvenzgericht kann dem Gläubiger, der eine solche Forderung angemeldet hat, auferlegen, an die Insolvenzmasse den Betrag zu zahlen, um den die angemeldete Forderung den tatsächlich festgestellten Betrag überschreitet. Dazukommt eine Haftung zur Begleichung dieser Strafe für all diejenigen, die ihre Unterschrift unter eine solche Anmeldung gesetzt haben. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass die Gläubiger mit Anmeldungen manipulierter Forderungen eine künstliche Stärkung des Gläubigereinflusses in der Gläubigerversammlung oder im Gläubigerausschuss bewirken.

 

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JUDr. Mojmír Ježek, Ph.D.

Managing Partner

ECOVIS ježek, advokátní kancelář s.r.o.

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